Montag, 8. Juli 2013

Offener Brief an den Bürgermeister und Landrat

Schüler unerwünscht?!

Sehr geehrter Landrat, sehr geehrter Bürgermeister, sehr geehrter Schuldirektor,

seit einigen Jahren ist das Verhältnis zwischen zwei Anwohnern der Schubertstraße und der Schülerschaft der BBS II aufgrund von Verunreinigungen durch Raucher schwer belastet. Die daraus resultierenden Spannungen sind sowohl der Schulleitung als auch den zuständigen Behörden hinlänglich bekannt.
Diese Problematik ist daher weder neu noch zeichnete sich in jüngerer Zeit eine Verschärfung dieses Konflikts ab.
Dennoch entschied der Landkreis Cloppenburg Anfang der Sommerferien, anscheinend ohne sich über Konsequenzen, Folgen und Wirkung Gedanken zu machen, eine radikale Maßnahme vorzunehmen. Daraufhin wurde mithilfe des städtischen Bauhofs der Fußweg zwischen der Schuberstraße und der BBS II durch einen Metall-Zaun auf Seiten des Schulhofes dauerhaft geschlossen. Es ist unbestritten, dass dieser Fußweg während der Schulzeit unter anderem von rauchenden Schülern „zweckentfremdet“ wird. Dieses Problem ist bekannt und die Klagen der Anwohner sind grundsätzlich berechtigt.
Das Vorgehen des Landkreises jedoch, den besagten Fußweg einseitig zu schließen und einen Ersatzdurchgang 100 Meter weiter als Alternativweg zu verkaufen, ist jedoch undurchdacht, verschwenderisch und möglicherweise rechtswidrig. Die Botschaft dieser Aktion ist deutlich: “Schüler sind Störenfriede! Schüler sind hier unerwünscht!“

Der besagte Fußweg ist ein seit über 20 Jahren vom Großteil der Anwohner beliebter Zugang zum Gelände der BBS II, zu städtischen Grünflächen und zum nah gelegenen Spielplatz. Des Weiteren wurde seitens der Schulleitung darauf hingewiesen, dass eine Zugangsmöglichkeit zur Sporthalle an der Leharstraße benötigt wird. Es besteht daher eine eindeutige Notwendigkeit für die Existenz dieses Fußweges, der den bisherigen Ansprüchen mehr als gerecht wurde.
Er besitzt einen festen Untergrund und für Rollstuhlfahrer geeignete Ein- und Ausgänge. Es ist daher sowohl der Schülerschaft, den Lehrkräften als auch den Anwohner möglich den Fußweg barrierefrei zu bestreiten. Um der Problematik des vielen Mülls Herr zu werden, wurden in der Vergangenheit zudem mehrere Mülleimer am Wegesrand installiert. Dieser Weg besitzt folglich die grundsätzliche Ausstattung als auch die Geeignetheit für Rollstuhlfahrer und Kinder, die Schubertstraße mit der BBS II bzw. dem dort gelegenen Spielplatz zu verbinden.
Es stellt sich daher die Frage, warum die Stadt Cloppenburg, ohne Rücksprache mit Vertretern des Behindertenbeirats, der Schülervertretung oder dem Kreisschülerrat diesem Vorhaben bedingungslos zugestimmt hat?
Warum darf der Landkreis über städtisches Eigentum auf Kosten der Cloppenburger Bürger verfügen? Auf den Bildern ist zu erkennen, dass sich der Zaun auf städtischen Untergrund befindet? (Siehe Foto)
Warum lässt die Stadtverwaltung es zu, dass städtisches Land faktisch nutzlos gemacht wird?
Dieser Fußweg wurde praktisch entwidmet, ohne dass die gewählten Vertreter darüber beraten und entscheiden konnten!

Die seitens des Landkreises verkaufte Alternative, den Zugang zur BBS II im Wendehammer der Brahmsstraße zu ermöglichen, gleicht einem schlechten Scherz. Dieser
Zugang ist weder befestigt, barrierefrei noch für Kinder geeignet. Dieser Durchgang hat keinen festen Untergrund und ist spätestens bei anhaltendem Regen oder Nässe selbst für Nicht-Rollstuhlfahrer kaum mehr zu betreten. Bei schneebedeckten Verhältnissen besteht gar Lebensgefahr! Erschwerend hierzu mündet der Zugang auf Seiten des Schulgeländes in Mitten zweier Parkplätze, die bei regelmäßiger Nutzung einen Abstieg durch Rollstuhlfahrer vollends verhindern würden. Der dazugehörige Höhenunterschied des Bordsteins tritt den Gedanken des barrierefreien Alltags schließlich mit Füßen. Die Problematik der fehlenden Barrierefreiheit des Alternativdurchgangs haben wir zudem mit dem Vorsitzenden des Behindertenbeirats der Stadt Cloppenburg und des Landkreis Cloppenburg, Boris Guentel, ausführlich erörtert. Dass die Stadt lediglich einige „Stolperschwellen“ (Zitat: Pressesprecher Niemann) als Hindernisse anerkennt, übergießt jedes Engagement für einen barrierefreien Alltag mit Hohn und Spott. Um sich über die Zustände ein echtes Bild zu machen, schlagen wir vor, einen gemeinsamen Ortstermin mit dem Vorsitzenden des „Bündnis barrierefreier Alltag“ zu organisieren. Vertreter der Stadt und des Landkreises sollten gemeinsam vor Augen geführt bekommen, was scheinbare „Stolperschwellen“ in Wahrheit sind. Herr Guentel und wir sind uns einig, dass ein barrierefreier Alltag immer wieder durch scheinbar kleine, unbedeutende Dinge, wie die Zugangsmöglichkeit zu Spielplätzen und Schulgelände, behindert wird. Insbesondere kommunale Einrichtungen sollten spätestens seit der Ratifikation der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen über die Notwendigkeit eines barrierefreien Alltags Bescheid wissen. Hier herrscht die Pflicht, unverzüglich zu Handeln!
Zuletzt machen die zahlreichen Stacheldrähte auch den Zugang für spielende Kinder ungeeignet (siehe Foto!). Die damit verbundenen Gefahren ignoriert der Landkreis schlichtweg, obwohl insbesondere zu Ferienzeiten die dortigen Sport- und Spielanlagen von zahlreichen Kleinkindern aufgesucht werden.
Die scheinbare Alternative auf das Niveau des schon vorhandenen Fußwegs zu heben, würde neben dem Verlust zweier Parkplätze einige tausend Euro in Anspruch nehmen. Doch trotz dieser kostspieligen Investitionen wäre das eigentliche Problem nicht einmal gelöst. Die Verunreinigung der Raucher würde lediglich 100 Meter weiter verlagert und zum Problem anderer Anwohner werden. Aus den Augen aus dem Sinn? Das ist wirkungslose und teure Symbolpolitik wie sie im Buche steht. Das kann nicht der Anspruch des Landkreis Cloppenburgs sein, außer man hegt das Interesse, ins Schwarzbuch des Bundes für Steuerzahler aufgenommen zu werden.

Es drängt sich der Eindruck auf, als ob der Landkreis an einer ernsthaften und nachhaltigen Lösung des Problems nicht interessiert sei. Die Schulleitung als auch der Landkreis müssen sich zunächst bewusst machen, dass die bisherigen Anstrengungen nicht ausreichen.
Wir schlagen daher zwei Lösungsansätze vor, die die Problematik auf Dauer lösen könnten:
Als Erstes bedarf es einer intensiveren Kontrolle des schulischen Säuberungs- oder Räumdienstes, auch wenn diese Fläche rechtlich gesehen nicht zum Schulgelände gehören mag. Das bedeutet, dass entweder einzelne Schüler oder ganze Klassen abwechselnd
eingeteilt werden sollten, um mit „Zange und Eimer“ durch Schüler verursachten Müll zu beseitigen. Dass es diese Art von Räumdienst womöglich schon geben mag, ohne das eine spürbare Verbesserung zu verzeichnen war, belegt deutlich, dass er in der Vergangenheit entweder nicht ernsthaft beaufsichtigt oder zu wenig eingesetzt wurde. Ein hohe Intensität an Säuberungsrundgängen, die keineswegs auf Freiwilligkeit basieren sollten, kann eine effektive Instandhaltung wahren und möglicherweise ein erzieherischer Lerneffekt erzielen. Denn je „unbeliebter“ die Dienste erscheinen, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass Schüler sich untereinander zu disziplinieren versuchen. Wenn dies auf anderen Schule ebenso funktioniert, sollte dies auch auf der BBS II möglich sein.

Als Zweites schlagen wir eine „kreative“ Lösung vor: Innerhalb oder eine dem Schulgelände angeschlossene Fläche, die de jure nicht dem Schulgelände zugehörig ist. wird explizit als Raucherfläche ausgewiesen. Hier könnte ein Bereich gesucht werden, der zum einen weit genug von angrenzenden Wohnhäusern entfernt und zum anderen für Lehrkräfte für etwaige Kontrollen gut einsehbar ist. Diese Idee einer „freien Raucherzone“ hat sich schon bei anderen Schulen, wie der BBS am Museumsdorf, äußerst positiv bewährt.
Diese Lösungsvorschläge können unserer Ansicht nach sowohl alleine als auch in Kombination einen effektiveren und nachhaltigen Erfolg ermöglichen als das schlichte Verlagern der Problematik.
Wir fordern Sie angesichts dieser kurzsichtigen Politik unverzüglich zum Handeln auf.
Zunächst stellen Sie die bisherige Barrierefreiheit schnellstmöglich wieder her!
Das heißt: Solange kein gleichwertiger Ersatzdurchgang geschaffen wurde, muss die bisherige Durchgangsmöglichkeit, die sowohl barrierefrei als auch für Kleinkinder geeignet war, wieder geöffnet werden!

Darüber hinaus gibt es zwei Möglichkeiten, den Konflikt dauerhaft zu entschärfen.


Entweder Sie schonen den Geldbeutel der Steuerzahler, lassen den bisherigen Weg dauerhaft geöffnet und versuchen sich an den oben genannten Lösungsansätzen, um einen langfristigen Erfolg zu erzielen. Dieser Fußweg bietet im Grunde genommen all das, was am Alternativdurchgang noch geschaffen werden muss: Barrierefreiheit, befestigter Untergrund, Mülleimer und Ebenerdigkeit.
Durch die oben genannten Lösungsansätze erübrigt sich ohnehin die Notwendigkeit einer Verlagerung des Durchgangs.

Oder Sie schaffen einen gleichwertigen Ersatzdurchgang. Dafür muss ein befestigter Untergrund geschaffen werden, der auch bei Nässe oder Schneefall eine Zugänglichkeit für Rollstuhlfahrer grundsätzlich ermöglicht. Ergänzend hierzu muss der Zugang ebenerdig werden. Der bisherige Höhenunterschied durch die Bordsteinkante ist für jeden Gehbehinderten unzumutbar. Darüber hinaus müssen auf Seiten der BBS störende Parkflächen beseitigt werden, damit die Bebauung dem Anspruch eines barrierefreien
Alltags gerecht wird. Zuletzt würde der Bereich eine ausreichende Anzahl an Mülleimern benötigen (siehe bisherige Fußweg).

In Anbetracht der zu erwartenden Kosten sollte sich die Stadt, als Kostenträger, intern die Frage stellen, ob all der Aufwand lohnenswert und den Steuerzahlern gegenüber zu rechtfertigen ist. Nichtsdestotrotz wären wir bei einem gleichwertigen Ersatzdurchgang zufrieden, sofern bis zur endgültigen Bauabnahme des Ersatzweges der bisherige barrierefreie Fußweg geöffnet bleibt. Ein Vertrösten der Baumaßnahmen auf den St. Nimmerleinstag wäre ein Schlag ins Gesicht. Ihnen sollte bewusst sein, dass Bauverzögerungen aufgrund der Sommerferien nicht zu akzeptieren sind, da insbesondere zu Ferienzeiten Anwohner und Kinder einen geeigneten Durchgang benötigen, um die hinteren nicht-schulischen Grünflächen und Spielanlagen gefahrenlos zu erreichen.
Wir hoffen, Sie nehmen unsere Anliegen ernst und werden sich der Sache persönlich annehmen. Die gegenwärtige Situation ist nicht tolerierbar und sollte unserer Ansicht nach zur Chefsache gemacht werden. Der Eindruck, dass in der ehemals „jüngsten Stadt Deutschlands“ Schülerinnen und Schüler als Störenfriede gelten, muss beseitigt werden!

Wir, als Mitglied des Kreisschülerrats und somit Vertreterin der Schülerschaft und als Vorsitzender der Jusos Stadt Cloppenburg, der politischen Stimme der Cloppenburger Jugend, werden diese Missstände nicht tatenlos hinnehmen.

Um eine zeitnahe Rückmeldung mit Terminvorschlag zur Ortsbegehung Ihrerseits würden wir uns sehr freuen!

Mit freundlichen Grüßen

gezeichnet


Anna-Lena Dellwisch                                                       Jan Oskar Höffmann
Mitglied des Kreisschülerrats                                       Vorsitzender der Jusos Stadt Cloppenburg
                                     Ersatzdurchgang mit Bordstein, der inmitten zweier Parkplätze mündet.

                                Stacheldraht und andere Gefahrenquellen gelten lediglich als "Stolperschwellen"

                 Ein unebener und mit Laub bedeckter Durchgang durch Gebüsch. Eine echte Alternative?

          Der bisherige befestigte und mit Mülleimer bestückte Fußweg. Für Rollstuhlfahrer zugänglich.

                           Ein fortan faktisch nutzloser Weg. Unbrauchbare städtische Fläche.

                      Klar zu erkennen: Der Zaun befindet sich auf dem Gelände der Stadt Cloppenburg.

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